20. Es steht ein Pferd auf dem Flur

Lange bevor das Lied mit diesem Titel in den karnevalistischen Hitparaden stand passierte in der Kneipe die folgende Geschichte.

In Odendorf war Herr Barion zugezogen, der schnell den Namen „Rittmeister“ hatte, da er nur in Reiterstiefeln auftauchte und alle mit seinem Pferdetick nervte. Er stand häufig an der Theke und trank dann auch immer ziemlich viel. Es war an einem Samstagabend, in Odendorf war Kirmes. Die Kneipe war proppenvoll bis auf den letzten zur Verfügung stehenden Platz. Herr Barion stand an der Theke und war schon ziemlich blau. Wieder und wieder schwärmte er seinen Thekennachbarn von seinem Pferd vor und bemerkte gar nicht, dass man ihn schon lange ignorierte. Plötzlich fragte er meinen Vater ob der was dagegen habe, wenn er sein Pferd mal vorführen würde. Mein Vater, be dem Betrieb in der Kneipe natürlich im Stress, hörte gar nicht zu und antwortete nur abwesend: „Na, klar!“ Schon in der gleichen Sekunde hatten alle ein anderes Thema und achteten nicht mehr auf den Rittmeister.

Dieser verschwand aus der Kneipe um eine viertel Stunde später mit seinem Pferd in der Türe zu stehen. Dazu muss man wissen, zur Kneipe führen zwei kleine Stufen hoch. Er öffnete also die Tür und zog das Pferd hinter sich her. Dieses setzte mit Schwung über die beiden Stufen hinweg und schlitterte über den glatten, ungewohnten Steinfussboden  in die Kneipe hinein, Kurz vor dem ersten Tisch in der Nähe der Tür kam es zum Stehen. Hier saß unter anderem Cilly Pingen, die sich unverhofft  Auge in Auge mit einem riesigen, schwarzen Hengst sah. Ihr Gesicht hätte man auf Polaroid verewigen sollen. 

Der arme Rittmeister verstand die Welt nicht mehr, als mein Vater ihn samt Pferd auf die Straße setzte und stammelte beleidigt: „Aber ich hatte dich doch gefragt!“