15. Kirmes

 

Die Kirmestage waren früher die  höchsten Feiertage im Dorf. Dann wurde drei Tage lang gefeiert. In der neuen Wirtschaft hatten wir ein paar Jahre lang an den Kirmestagen „Livemusik“. Deck Fritz (Kalenborn) und Onkel Peter spielten mit Schlagzeug und Keyboard zum Tanz auf. 

 

Zu fortgeschrittener Stunde und mit erhöhtem Alkoholspiegel spielte Fritz wie in Trance. Er ist ein kleiner, kugelrunder, gemütlicher Mann, und wenn er am Schlagzeug saß und mit Applaus angefeuert wurde dann wurde er zum großen Star. Er spielte wie ein Besessener, sein Kopf wurde puterrot, so dass man Angst hatte, er würde einen Herzinfarkt bekommen. Oft genug passierte es auch, dass er zu vorgerückter Stunde vom Schlaf übermannt wurde, aber selbst dann spielte er weiter. 

Sein größtes Hobby, neben dem Schlagzeugspiel, war das Essen. Gegen Mitternacht bekamen die beiden Musiker immer noch mal eine warme Mahlzeit. Wenn Fritz gefragt wurde, ob er lieber einen Gulasch oder Würstchen mit Kartoffelsalat haben wolle, kam immer die gleiche Antwort: „Un, Mädsche, un!!“  Dementsprechend war aber auch seine Statur. Wenn man ihn fragte: „Fritz häss de affjenomme?“ , war das für ihn das Stichwort. Er zog seinen dicken Bauch ein, so dass seine Hose auf den Füssen landete und mit einer Behendigkeit, die man ihm gar nicht zugetraut hätte zog er sie in Sekundenschnelle wieder hoch. 

 

Wie schon gesagt war Kirmes immer was los. Ein paar Jahre lang hatten wir auf der Kegelbahn eine Sektbar eingerichtet. Zuerst war ich gar nicht so begeistert als ich erfuhr, dass ich dort bedienen sollte. Aber dann stellte sich heraus, dass es dort ganz lustig war.  Hier spielte sich manch nette Geschichte ab. 

 

Es war ein drückend heißer Kirmessamstag-Abend und ich stand hinter der Bar. Plötzlich kam mit viel Gepolter und Hallo Onkel Hans (Lupina) herein. Seine Anzugjacke war pitschnass. Ich dachte draußen sei endlich das lang erwartete Gewitter losgegangen, aber wie sich herausstellte kam Onkel Hans vom Saal und sein Jackett war vom Tanzen total durchgeschwitzt. Je oller, je doller!

 

An der Bar spielten sich natürlich auch diverse Liebesszenen und – dramen ab. Zum Beispiel flirtete ein junger Mann heftig mit Monika, der Tochter eines Odendorfer Hühnerfarm-Besitzers. Es gipfelte in dem  Vorschlag: „ Du un isch, dat wör et ideale Paar. Du jiss et Jäld un isch de Name, datt es doch perfekt.“ Am anderen Ende der Bar hörte sich Kenny derweil das Leid einer Ehefrau an, die sich mit ihrem Mann gestritten hatte. Der hatte schon wutentbrannt das Lokal verlassen. Die Frau, die schon nicht mehr ganz nüchtern war weinte herzzerreißend und drohte: „Ich bringe mich um!“, klopfte Kenny, der auch schon einigen Alkohol intus hatte, ihr beruhigend auf die Schulter und meinte: „ Das machen wir alles später.“